Rückblick 2009/10 Freiwilligenarbeit in Delhi Bericht Nr 4

Januar-Februar

In den letzten beiden Monaten hat sich viel bei uns auf der Arbeit bei der NGO ABHAS getan.

Anfang Januar hatten wir ziemlich große Probleme, da es auch in Delhi wirklich kalt geworden ist und die Kleinen nicht wirklich etwas Vernünftiges zum Anziehen hatten. Während ich im Pullover, Jacke und langer Hose schon gefroren habe, sind die Kinder immer noch mit kurzer Hose und ohne Socken in Latschen um mich herumgesprungen! Es war schrecklich. Kurzerhand haben Joanna und ich uns dazu entschieden, Socken an alle Kinder aus dem Center zu verteilen. Letzten Endes sind wir 130 Paar Socken los geworden und es war ein wunderschönes Gefühl , am nächsten Tag die Kinder die bunten Strümpfe anhaben zu sehen.

For drei Wochen ist der Sandkasten fertig geworden. Die Kinder lieben ihn. Zwar haben wir kein wirkliches Sandspielzeug in Delhi finden können, doch das Kochspielzeug, dass wir besorgt haben, eignet sich prima um im Sand zu spielen. Jeden Tag lassen mich die Kinder Unmengen von „Chai“ verköstigen und kochen indische „Sandgerichte“. Apropos Gerichte: auch die Ernährung der Kinder ist dank der vielen Spenden nun wenigstens für die nächsten drei Monate gesichert. Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal. Nun können sich die Kinder wieder satt essen und es gibt nicht mehr jeden Tag nur noch „Kichidi“, einen Brei aus Reis und Linsen, sondern auch Kichererbsen, Milchreis und Eier.

Unser Center leuchtet nun schon von weitem in einem frischen Gelb. Wir haben es streichen lassen. Besonders in den kleinen, einst sehr dunklen Räumen ist die Lernatmosphäre nun viel besser. Momentan sind wir dabei, eine kleine Dschungellandschaft auf den Wänden des Hofes mit Hilfe einer Künstlerin entstehen zu lassen.

Seit Anfang Januar findet für die Mädchen der 7. und 8. Klassen  ein von uns organisierter Selbstverteidigungskurs statt. Es ist toll dabei zuzuschauen, wie die Mädchen nicht nur lernen sich selbst zu verteidigen, sondern auch ein Körperbewusstsein entwickeln und ein bisschen aus sich heraus kommen.

Nach wie vor macht die Arbeit mit den Kindern sehr, sehr viel Spaß. Die Kinder sind mir nun schon so vertraut, dass ich gar nicht daran denken mag, dass ich mich irgendwann einmal von ihnen verabschieden muss. Wir spielen, knuddeln, toben und versuchen sie ein bisschen zu unterrichten. Memory klappt immer besser, wenngleich sie mein Selbst-gebasteltes Spiel nicht ganz so gut annehmen wie das Gekaufte :).

Jeden Freitag haben wir Aktivity-Day. An diesem Tag versuchen wir immer etwas Besonderes zu machen. Letzten Freitag erst haben wir mit ihnen Bälle gebastelt. Das strahlen ihrer Augen war umwerfend, als sie endlich ihren eigenen Ball in den Händen halten durften.

In der letzten Zeit fanden auch einige Ausflüge statt. Wir waren Im Wissenschaftsmuseum mit den Großen, mit den Kleineren sind wir zum Akshardham-Tempel, den größten Hindu-Tempel der Welt gefahren. Auf den Weg dorthin sind wir an winzigen Blumenbeete vorbei gekommen. Mit offenen Mündern und großen Augen haben die Kinder die Pflanzen bestaunt. So schöne Natur hatten sie vorher noch nie oder schon sehr lange  nicht mehr gesehen.

Mir selbst geht es nach wie vor gut. Abends gehe ich nun ziemlich häufig zum Tennis-Unterricht. Das ist der Vorteil in Indien: Viele Dinge sind in Indien aufgrund günstigerer Preise für uns möglich. Vor kurzem waren wir das erste Mal in Indien auf einer Mall, einem riesigen Einkaufszentrum. Ich war ziemlich überwältigt. Es schien, als wäre ich in Europa. Die Menschen trugen westliche Kleidung, sie sprachen untereinander Englisch und sind in italienische Restaurants gegangen. In den Geschäften konnte man sogar Vollkornbrot und Camembert, allerdings nur für sehr viel Geld, kaufen. Hier waren wir auch zum ersten Mal im Kino, was wir sehr genossen.

Ein paar Tage lang war ich Krank: Übelkeit, Bauch- und Kopfschmerzen. Aber auch das ist wieder vergangen und so konnte ich frisch und gesund  für ein verlängertes Wochenende nach Amritsar, dem religiösen Pilgerzentrum der Sikhgemeinde (sie macht ein Prozent der indischen Bevölkerung aus) aufbrechen.

Nach Amritsar sind wir natürlich wegen des berühmten GOLDENEN TEMPELS gereist.

Er ist atemberaubend schön, wie er da so in der Mitte eines Wasserbeckens steht, umgeben von der weißen Anlage und in der Sonne strahlend. Obwohl so viele Pilger sich jeden Tag inder Tempelanlage aufhalten, ist die Stimmung ruhig und friedvoll, wozu die Gesänge „Ragis“ aus dem heiligen Buch der Sikhs, beiträgt.

Übernachtet haben wir zwei Nächte lang in einem der 5 Gurudwaras, Pilgerheime in denen man umsonst nächtigen darf. Underte von Pilgern haben in dem riesigen Innenhof unter freiem Himmel in dicken Decken geschlafen. Außerdem gibt es noch eine riesige Küche, in der kostenloses Essen an die vielen Pilger verteilt wird. Joanna und ich haben viel Zeit in der Küche verbracht, vor allem um mitzuhelfen. Innerhalb von drei Tagen habe ich Kartoffeln, Möhren und Ingwer zerkleinert, Mandeln gehackt, Knoblauch geschält und Erbsen gepuhlt. Zusammen mit Frauen und Männern saßen wir auf dem Boden, haben geschnippelt und dabei nette Menschen kennen gelernt.

Abends sind wir oft noch durch die kleinen Gassen von Amritsar geschlendert. Unter anderem waren wir auch in einem nahe gelegenem Park, in dem ein britischer Offizier 1919 auf eine aus 20000 friedlichen Demonstranten bestehende Menschenmenge ohne Ankündigung schießen ließ. Es gab hunderte Tote und tausende Verletzte…

Die Auszeit in Amritsar war toll. Auf den Reisen entdeckt, erlebt und lernt man so unglaublich viel!

Ich bin aber auch wieder froh, wieder in meinem lieb gewonnen Delhi zu sein um hier meinen Alltag  nach gehen zu können.

Also, bis zum nächsten Mal,

Sarah

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