Viele von euch, die schon etwas länger Yoga praktizieren, werden ihn kennen- Nataraj- Shiva, als kosmischen Tänzer. Manche von euch haben ihn bestimmt schon öfter als fortgeschrittene Balance –Rückbeuge Asana praktiziert, andere kennen ihn vielleicht als Statue aus der Yoga Schule.
Auch ich habe eine ganz besondere Beziehung zur Figur des Nataraj. Mein allererster Lehrer schenkte mir die Statue am Ende einer intensiven Zeit gemeinsamer Praxis. Damals wusste ich noch nichts über deren Bedeutung und hatte Mühe, mir überhaupt die wichtigsten Götter aus der hinduistischen Mythologie zu merken.
Damals erklärte mir mein Lehrer nur, das Shiva verschiedene Gestalten annimmt und die als Tänzer sei eine davon.
Shiva- der Zerstörer
Shiva ist einer der drei Hauptgottheiten im Hinduismus, der zusammen mit Brahma (Schöpfung) und Vishnu(Erhalter), als Zerstörer die berühmte Dreieinigkeit des Schöpfungskreislaufes bildet.
Shiva ist der mächtigste Gott im hinduistischen Pantheon und auch der Lieblingsgott vieler Inder. Er wirkt menschlicher als andere Gottheiten, so dass man sich mit all seinen Schwächen gut mit ihm identifizieren kann. Auch Shiva wird manchmal wütend und er raucht Marihuana…nicht umsonst berauscht man sich zu Shivatri (Shivas Geburtstag, meistens im Februar/März) mit Bang Lassi, ein Jogurt Getränk mit Cannabis gemischt, dass in ganz Indien an allen Tempeln ausgeschenkt wird, um in tiefere Sphäre eindringen zu können.
Shiva ist auch als Adi Yogi- also als erster Yogi überhaupt bekannt. Nach einer längeren Reise teilte er seine neuen Erkenntnisse über Tantra Yoga seiner Frau Parvati mit. Diese war jedoch nicht sehr interessiert, jedoch umso mehr war es Matsiendra, ein heiliger, der sich als Fisch verwandelte um den Lehren Shivas zu Lauschen. Er wurde Shivas erster Schüler.
Shiva steht für die Zerstörung. Dabei ist der Begriff nicht unbedingt als negativ aufzufassen, sondern steht auch für Auflösung. Wenn wir Shiva in unserem Bewusstsein tragen, können wir es schaffen, Ungewolltes in uns aufzulösen und los zu lassen um Platz für Neues zu schaffen.
Shiva- der kosmische Tänzer
Wenn Shiva den kosmischen Tanz tanzt, verbindet er alle drei Aspekte „Erschaffung-Erhalt und Auflösung“ in einer energetischen Form und steht so für den wichtigsten Aspekt im Hinduismus und repräsentiert die klarste Form von Gott. „Nataraj“ bedeutet übersetzt König des Tanzes und der Tanz Shivas ist wahrlich die höchste energetische Form wenn er den Rhythmus und Harmonie des Lebens präsentiert. Das Leben ist ein unendlicher Kreislauf!
Als unsere Reisegruppe in der letzten Woche während unsere Multi-Aktivreise durch Südindien in Madurai war, haben wir natürlich auch den berühmten Minakshi-Sundareshwara Tempel (Parvati Shiva Tempel) besucht. Innerhalb des Tempels gibt es einen riesigen Säulen Saal an dessen Ende sich eine beeindruckende Nataraj Statue aus Stein befindet. Anhand dieser Statue hatte uns unser Guide, die symbolische Bedeutung der Figur genauer erklärt:
Betrachtet man die Figur des Shiva-Tänzers genauer, kann man einige symbolische Bedeutungen interpretieren.
Shiva ist umgeben vom kosmischen und ewig brennenden Feuer, dass immer wieder das Leben schafft und zerstört im rhythmischen Einklang mit Shivas schlagender Trommel und tanzenden Bewegungen. Es ist allgegenwärtig und kapselt den Kosmos in Masse, Zeit und Raum ein.
Der tanzende Shiva hat vier Arme. In seiner oberen rechten Hand hält er die Damaru. Die Trommel steht für die Erschaffung, während das Feuer in seiner oberen linken Hand für die Zerstörung steht.
Die rechte untere Hand zeigt das Abhaya Mudra, eine Geste des Schutzes und er Furchtlosigkeit, während die linke untere Hand, für die spirituelle Kraft in jedem von uns steht.
Shivas linker Fuß steht auf einem liegenden Zwerg, dem Dämon Apasmara, ein Symbol der verkörperten Ignoranz.
Shivas lange Yogi Haare innerhalb des Feuerkranzes symbolisieren das Universum und während des ganzen Chaos ist Shivas Gesicht entspannt und meditativ- die Verbildlichung purer göttlicher Existenz. Shiva besitzt drei Augen. Während das rechte Auge für die männliche Sonnen Energie in jeden von uns steht, symbolisiert das linke Auge, die weibliche, kühle Mond Energie. Das dritte Auge in der Mitte, ist das Auge der Weisheit. Hier befindet sich auch das Ajna Chakra und man sagt, dass in jeden von uns Shiva hier als Bewusstsein manifestiert ist.
Shiva ist umgeben von der Kobra Kundalini, die aufgewickelte Energie, die in jedem von uns schlummert und nur aktiviert werden muss um sein volles Selbst zu sein.
Die Nataraj Figur beinhaltet auch alle 5 Elemente, aus denen das Universum gemacht ist. Das Feuer in der Hand steht für das Feuer Element. Die Göttin Ganga auf ihrem Halbmond in Shivas Haar steht für das Element Wasser. Shivas rechter Fuß in der Luft symbolisiert das Luft Element und der rechte Fuß auf Apasmara für das Element der Erde.
Das kosmische Feuer schließt den Raum ein.
Nataraj Asana- Die Tänzer Pose im Yoga
Im Yoga gibt es viele Asana Haltungen und Mudras, die nach indischen Göttern und heiligen benannt sind (Matsiendrasana, Vaschishtasana, Brahma Mudra, Vishnu Mudra etc.), da ist es natürlich nicht verwunderlich, dass wir auch eine Nataraj Asana haben.
Die Tänzer Pose ist eine fortgeschrittene Balancehaltung, bei der wir auf einen Bein stehend, in die Rückbeuge gehen und so das Fußgelenk des anderen Fußes mit der gleichseitigen Hand greifen können um es dann von uns wegzuziehen, sodass unser Brustraum sich noch weiter öffnen kann. Die andere Hand ist nach vorne oben gestreckt.
Führt man diese Übung aus, fühlt man sich wahrlich als kosmischer Tänzer, wenn man sich auf einen Bein balancierend im Raum ausbreitet.
Da die Asana recht fortgeschritten ist, sind vorbereitende Haltungen zu empfehlen.
Diese können in folgende Gruppierungen eingeteilt werden:
- Rückbeugen:
Bsp.: die Kobra, der (Halbe-)Bogen, das Kamel
- Öffnungen der Schulter:
Bsp.: Krieger 1 mit verschränkten Armen und tiefer Vorbeuge, Krieger 2 mit „Fleischerhaken“, Yin Yoga Haltung: „Gebrochene Flügel“
- Öffnungen der Leisten:
Bsp.: (auch Bogen), Taube (idealerweise mit Rückbeuge), Asvha Shanchalan Asana mit Rückbeuge
- Gleichgewichtsasana
Bsp.: Krieger 3, der Engel, der Baum
Anschließend sollte man vor der Entspannung noch eine Drehung im Liegen einfügen, um die Yoga Praxis komplett zu machen.
Hier eine Asana Beispiel Sequenz:
Und wie wäre es mit einer abschließenden „Om Nama Shivaya“ Japa Meditation mit Fokus auf dem dritten Auge?
Viel Spaß beim Üben