Wenn der Himmel aufreißt – Der Monsun in Indien


Indien erlebt jedes Jahr ein faszinierendes Schauspiel der Natur: den Monsun. Für uns klingt „Monsun“ oft nur nach Regen, aber in Indien ist er viel mehr – Lebensspender, Herausforderung und kulturelles Ereignis zugleich.

Meine Schwester is Geografie Lehrerin an einer Gesamtschule und hatte in ihrem Unterricht das Thema „Indischer Monsun“. Um den Unterricht für die Kinder praktisch und anschaulich zu gestalten, hat sie vier meiner indischen Freunde Fragen zum Monsun gestellt. Alle vier Leben in unteschiedlichen Regionen Indiens und konnten eindrücklich das Erleben und die Auswirkungen des Monsuns beschreiben. Für euch habe ich die Video und Audio Aufnahmen mit in diesen Artikel eingebunden.

In diesem Artikel nehmen wir euch mit auf eine Reise durch das Wetterphänomen, das das Leben von über einer Milliarde Menschen jedes Jahr aufs Neue bestimmt.

Hier geht es zur Podcastfolge über den indischen Monsun mit ein paar persönlichen Eindrücken von Sarah über die Monsunzeit.


☁️ Was ist der Monsun eigentlich?

Das Wort Monsun kommt vom arabischen mausim, was einfach „Jahreszeit“ bedeutet. Denn genau darum geht es: Der Monsun ist ein jahreszeitlich wechselndes Windsystem, das im Sommer feuchte Luftmassen vom Meer aufs Land bringt – mit teils gewaltigen Regenfällen. Im Hindi, bedeutet „MAUSAM“ übrigens „Wetter“.

Indien erlebt dabei zwei Hauptphasen:

  • Südwestmonsun (Juni–September): der große Regen, der fast das ganze Land erreicht.
  • Nordostmonsun (Oktober–Dezember): ein kleinerer Regen, hauptsächlich für Südostindien wichtig (z. B. Tamil Nadu).

🌧️ Wie entsteht der Monsun?

Im Sommer heizt sich das indische Festland stark auf. Die warme Luft steigt auf, wodurch ein Tiefdruckgebiet entsteht. Vom Indischen Ozean strömt dann feuchte Luft ins Landesinnere. Sobald diese auf Gebirge wie die Westghats oder den Himalaya trifft, steigt sie auf, kühlt ab – und es regnet. Und zwar viel.

Im Winter kehrt sich das Ganze um: Das Land kühlt ab, Hochdruck entsteht, und trockene Luft wird aufs Meer hinaus geweht – außer an einigen Küsten, wo sie nochmal Feuchtigkeit aufnimmt und für lokale Regenfälle sorgt.


🗺️ Wie unterschiedlich wirkt der Monsun in den Regionen?

Indien ist riesig – und deshalb wirkt der Monsun nicht überall gleich:

Kerala & die Westküste

Die südwestlichen Bundesstaaten sind die Ersten, die vom Südwestmonsun getroffen werden – oft schon Anfang Juni. Hier regnet es heftig, vor allem an den Hängen der Westghats. Die Reegnszeit zieht sich bis Ende September. Die Regenschauer sind warm, dauern manchmal Tagelang, oft sind es aber auch einfach nur mehrmals heftige Schauer. Bis zu 450 mm Niederschläge gibt es hier während der Regenzeit monatlich. Besonders in Kerala liegen die Küstenregionen nur kanpp oberhalb des Meeresspiegels, wobei es oft zu Überschwemmungen kommt.

Reisetipp:

Trotz der Regenzeit kann man Kerala und Südindien ganz gut während der Monsunzeit bereisen. Besonders ab August nehmen die Regenschauer ab und es regnet nur hin- und wieder einmal sehr heftig. Der Tourismus ist in dieser Zeit deutlich geringer, was sich in den niedrigeren Unterkunftspreisen widerspiegelt. Zudem findet das zehntägige Onam Fest, das Erntedankfest und Keralas wichtigstes festival im August/September statt, sowie das berühmte Nehru Trophy Drachenboot Rennen in den Backwaters.

In den Westernghats kann es schon ordentlich regnen, dennoch sind Wanderungen in den Teeplantagen rund um Munnar und im Periyar Nationalpark immer möglich.

Sehr empfehlenswert in diesem Zeitraum sind Ayurveda Kuren– es ist nicht nur eine sehr reinigende Zeit und dafür perfekt für eine Panchakarma Kur geeignet, sondern eine Kur in dieser Zeit ist wegen der Nebensaison auch recht günstig.

Achtung: Aufpassen wegen der Mücken. Die Übertragung von Malaria und Dengue ist während der Regenzeit und nach der Regenzeit in ganz Indien erhöht.

In diesem Vieo berichtet Sujith aus Kerala über den Monsun in Kerala. Sujith ist ein sehr guter Freund und Mitarbeiter von Chalo Reisen. Er lebt mit seiner Familie in Allepey in den Backwaters und begleitet viele unserer Fahrradreisen und Kayak Touren in Südindien.

Nordostindien (Meghalaya) ist einer der nassesten Orte der Welt! Städte wie Cherrapunji bekommen unglaubliche Regenmengen ab – manchmal über 11.000 mm im Jahr.

Reisetipp:

Auch wenn es in Meghalaya wirklich viel regnet, ist sie wahrscheinlich gerade deshalb eine so wundervolle Reiseregion- die unzähligen Wasserfälle sind einfach einmalig.

Nordindien und das Gangesbecken

Nordindien profitiert stark vom Monsun – hier wachsen Reis, Zuckerrohr und Baumwolle. Aber auch Überschwemmungen sind häufig.

Besonders in den Städten ist die Infrastruktur und vorallem das Kanalsystem noch immer nicht für den vielen Regen ausgelegt. Oft stehen ganze Straßen unter Wasser und der gesamte Verkeher wird lahmgelegt.

Reisetipp:

Stehendes Gewässer ist eine gute Brutstelle für Moskitos. Achtung Dengue Gefahr! Plant auch extra Zeit für Transfers ein, manchmal gibt es lange Staus oder Zugausfälle.

Im folgenden Video berichtet Noor, Yoga Lehrer und Reiseleiter aus Delhi über die Monsunzeit in Delhi.

Nordwestindien (Rajasthan)

Rajasthan bekommt eher wenig Regen ab. Trotzdem ist der Monsun gerade hier überlebenswichtig – für Wasserreservoirs, Landwirtschaft und das tägliche Leben. Die Menschen erwarten den Monsun sehnlichst und wenn er kommt, tanzen viele Menschen auf den Straßen oder nehmen sogar ein öffentliches Bad.

Reisetipp:

Während der kurzen Regenzeit wird der Wüstenstaat unerwartet grün. Da es nicht täglich und ständig regnet, kann man Rajasthan während der indischen Monsunzeit gut bereisen und ein Regenguss ist sogar ein Erlebnis und eigentlich eine Erfrischung. Als touristischster Staat Indiens, reist es sich in der Nebensaison deutlich angenehmer.

Nun berichtet Kitty über die Regenzeit in Rajasthan. Sie ist Studentin und Yoga Lehrerin und lebt mit ihrer Familie in Jodhpur, wo ihre Mutter Rekha die besten Kochkurse gibt und ihr Vater Rishi als Rikschafahrer arbeitet.

Tamil Nadu

Tamil Nadu hingegen wartet auf den Nordostmonsun, denn der Südwestmonsun bringt dort nur wenig Regen. Der Hauptregen kommt hier erst im Herbst.

Reisetipp: Da Tamil NAdu ein sehr heißer Staat ist, kann man aber auch gut während der Monsunzeit von Oktober bis Dezember reisen- ein Regenschauer ist durchaus erfrischend

Himalaya Region

Die indische Himalaya Region erreicht der Monsunregen als letztes. Erst Anfang Juli regnen sich hier die Regenwolken ab und ab mitte Ausgust ist der Monsun hier am abklingen. Es ist die Region mit der kürzesten Regenzeit, aber auch mit der heftigsten und vielen Naturkatastrophen. Da sich hier die Wolken an den Bergen stauen, regnet es fast ununterbrochen- es gibt kaum einen Tag und höchstens einmal wenige Stunden ohne Regen. Das Resultat: Gefährliche Erdrutsche, reißende Flüsse, Überschwemmungen.

In den Häusern wird es recht feucht und man hat zutun, den Schimmel fernzuhalten oder seine Wäsche trocken zu bekommen.

Doch die indischen Hochgebirsgregionen Kaschmir, Ladakh, Lahaul und Spiti bleiben weitesgehend vom Monsunregen verschont. Sie liegen noch nördlicher und noch höher- Die Himalaya Gebirgskette stoppt die Wolken, sie kommen nicht weiter und dahinter bleibt es trocken.

Reisetipp

Meidet die südlichere Himalaya Region im Juli und August. Dafür ist die Hochgebirgsregion rund um Ladakh, Spiti und Kinnaur zu empfehlen: Bestes Wetter für Fahrrad-, Motorrad oder Trekking Reisen. Nutzt den Sommer für eine Himalaya Tour nah an der tibetischen Grenze.

Nun spricht David, mein Mann, über das Erleben der Monsunzeit in Shimla, unserem indischen zuhause im Himalaya.


🌾 Segen und Fluch zugleich

Der Monsun ist für Indien überlebenswichtig. Etwa 70–80 % des jährlichen Regens fällt in diesen wenigen Monaten. Millionen Bauern richten ihre Aussaat genau danach. Flüsse füllen sich, Grundwasser wird aufgeladen, Wasserkraftwerke können arbeiten.

Doch der Monsun ist launisch. Wenn er zu spät kommt, schwach ausfällt oder zu stark wütet, drohen Dürren, Ernteverluste oder Überflutungen. Ganze Landstriche können betroffen sein – mit enormen wirtschaftlichen und sozialen Folgen.


🌍 Monsun & Klimawandel

Der Klimawandel verändert den Monsun. Forscher beobachten:

  • stärkere Schwankungen
  • häufigere Extremregen
  • unregelmäßige Regenmuster

Das macht die Landwirtschaft unplanbarer, erhöht das Risiko für Überschwemmungen in Städten und stellt das Wassermanagement vor neue Herausforderungen.


🎉 Monsun in der Kultur

Trotz aller Risiken ist der Monsun auch eine Zeit der Freude. Die Natur erblüht, die Luft wird reiner, die Hitze lässt nach. In vielen Regionen wird der Beginn des Monsuns gefeiert – mit Musik, Tanz und Festen. In Bollywood ist der Monsun fast ein eigenes Genre: romantische Regenszenen gehören einfach dazu.


Fazit

Der Monsun ist mehr als Wetter – er ist Teil der indischen Identität. Er bringt Leben, manchmal Zerstörung, aber vor allem verbindet er Klima, Kultur und Alltag auf einzigartige Weise.

Wer Indien wirklich verstehen will, muss auch den Monsun verstehen.

Und hier habt ihr ein anschauliches Arbeitsblatt zur Monsunzeit von meiner Schwester zum downloaden.


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