Mein Kletter-Freund David aus Schweden ist nun endlich in Manali eingetroffen! Nachdem wir im letzten Jahr zusammen erfolgreich gleich zwei Gipfel im Kullu Tal erklimmen konnten (Deo Tibba 6001 m, Friendship 5328 m), haben wir uns für dieses Jahr den wunderschönen Hanuman Tibba vorgenommen.
Wir werden den Berg im alpinen Stil angehen, also uns kontinuierlich von Lager zu Lager bewegen und unsere komplette Last selbst tragen.
Mindestens 7 Tage sind angesetzt, aufgrund schlechten Wetters oder zusätzliche Tage für die Akklimatisierung, können aber auch 10 Tage daraus werden.
Um den 5932 Meter hohen Gipfel der Dhauladhar Gebirgskette besteigen zukönnen, gilt es, sich richtig darauf vorzubereiten. Neben Ausrüstung, Verpflegung und ein gutes Kletter- Team, zählt vorallem die eigene Fitness und eine gute Anpassung an die Höhe.
Besonders Letzteres ist wichtig, den wir wollen ziemlich schnell, ziemlich hoch hinauf und wenn man nicht vernünftig akklimatisiert ist, kann es gefährlich werden!
Während ich schon allein durch meinen Lebenstil in Manali höhentechnisch relativ gut vorbereitet bin, kommt David direkt aus einer Höhe von 200 Metern.
Zwar bin ich relativ gut an die Höhe angepasst, dafür jedoch nicht besonders gut trainiert.
Also planen wir beide einen viertägigen Akklimatisierungstrek.
Er soll David an die Höhe anpassen, mich stärken und zusätzlich wollen wir Ausrüstung und Verpflegung für die große Expedition testen.
Tag 1 Lamadug 3000 Meter
Am ersten Tag starten wir erst am Nachmittag, denn unser Ziel Lamadug, liegt zwar knappe Tausend Meter über unseren Ausgangsort Old Manali, doch die Strecke an sich ist kurz. So bleibt uns am Vormittag Zeit zum Packen, die eigentliche Hanuman-Tibba Expedition zuplanen und die heftigsten Regenschauer abzuwarten.
Während wir uns auf den ziemlich steilen und sehr rutschigen Weg machen, trage ich ca 12 kg. Ein gutes Anfangsgewicht, doch in meinen Gedanken plane ich schon für den morgigen Tag, mehr Last zutragen.
Einige Regengüsse überraschen uns, doch nach etwa drei Stunden erreichen wir die kleine Waldlichtung Lamadug. Schon aus der Ferne sehen wir Rauschwaden aufsteigen, wir werden die Nacht also nicht alleine verbringen. Und tatsächlich begrüßen uns am Lagerplatz vier junge Inder. Erst weiß ich nicht, ob ich mir Sorgen machen sollte, so ganz alleine in der Wilderniss mit einer Gruppe Indern in guter Stimmung. Doch die Jugendlichen blieben harmlos und bis auf ein sehr enthusiatisches Konzert mit ihrem Kochgeschirr, waren sie fast sogar angenehmn.
Wir schafften es gerade noch rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit das Zelt aufzubauen. Davids Blaubeeren-Suppe aus Schweden wurde für gut befunden und dann genossen wir den Luxus, auf Davids Ipad im winzigen Zweimannzelt den wunderbaren Film MERU zuschauen, um uns auf unser eigenes kleines Abenteuer einzustimmen. Der Bergsteigerfilm ist übrigens sehr empfehlenswert!
Tag 2 Khanpari Tibba 4100 Meter und Lager 2 auf ca 4900 Meter
Die Nacht war eher weniger gut. Ständig knackte etwas in den Büschen und ich fürchtete einen Bärenangriff, stellte dann aber am nächsten Morgen fest, dass der Wind das Holz zum Knacken brachte.
Außerdem fing es zu regnen an und ich musste meine vom Trek durchgeschwitzte und feuchte Kleidung rasch einsammeln. Ich machte eine kleine Notitz in meinem Kopf, dass ich für die Hanuman Tibba Expedition mindestens zwei Oberteile mitnehmen musste, so wie ich schwitzte, brauchte ich immer Eines in Reserve!
Doch am nächsten Morgen schien die Sonne und wir hatten einen schönen Blick auf die umliegenden Berge. Die Wäsche trocknete auf den Felsen, wir genossen Hafepflockenbrei und frische Mangos und starteten gegen 9 Uhr. Leider hatte es sich bis dahin schon deutlich zugezogen. Wir waren sprichwörtlich in den Wolken und schon bald begannen diese, sich bis auf das äußerste zuentlehren!
So einen heftigen Niederschlag erlebe ich selbst in der Monsunzeit hier selten. Wir warteten den starken Schauer, geschützt unter Rodhrodendron Bäumen, ab. Tatsächlich hörte der Regen nach einiger Zeit auf und wir sezten unseren Marsch weiter nach oben fort. Am heutigen Tag trug ich zusätzlich das Zelt, sodass ich mehr Last hatte um zu trainieren und David sich wiederum auf seine Atmung konzentrieren konnte. Denn hier oben, über 3000 Meter, fiel im diese schon sehr schwer. Wir krakzelten höher und höher, stießen auf Schäfer mit ihren Herden, verloren mal den Pfad im Nebel um ihn dann wieder zufinden und hatten ein leckers Mittagsmahl bestehnd aus Brot, Schmelzkäse, Tomaten und Gurke: Ein wahrer Luxus!
Endlich erreichten wir den Gebirgskamm. Ich machte noch schnell einen Umweg zum Khanpari Tibba Gipfel auf 4100 Meter und dann verließen wir den Kamm um einen guten Lagerplatz für die nächsten zwei Nächte zufinden.
Denn im eigentlichen Sinne ging es ja um unsere Akklimatisierung und dafür ist vorallem eines von Nöten: das Schlafen in Hohen höhen.
Doch der Regen setzte wieder ein und mit ihm kam starker Nebel, es war fast unmöglich einen Lagerplatz ausmachen zukönnen. Für ein Lager braucht man vorallem zwei Dinge: Eine Wasserquelle und einen einigermaßen flachen Platz zum errichten des Zeltes. Doch alle Bachadern schienen wie ausgedörrt, erst als der Regen so richtig stark wurde, fanden wir ein kleines Bächlein.
Rasch bauten wir das Zelt auf und verkrochen uns in unsere Schlafsäcke, bis der heftigste Niederschlag überstanden war. Weiter unter uns im Tal zuckten die Plitze und wir hörten den Donner.
Puh, so einen Regen möchte man aber nicht über Tage ausgesetzt sein!
Doch wir hatten Glück, es klarte auf und wir sahen auf der anderen Seite des Kullu-Tales sogar die weißen Bergspitzen der berühmten 6000 er Indrasan und Deo Tibba aufragen.
Mit grandiosem Blick, genossen wir unser Abendbrot: Nudeln in Instant Tomatensuppe, Käse und frische Tomaten. Sehr einfach, aber relativ lecker.
Tag 3 Akklimatisierungstag 4600 Meter
David meinte schon am Vortag, dass es ihm in dieser Höhe, gar nicht so gut ginge und seine Nacht muss wohl auch nicht die beste gewesen sein, denn am Morgen des dritten Tages, meinte er es hier oben auf 3900 Meter ruhig angehen lassen und den Tag mit Atmen verbringen zuwollen. Er hatte leichte Kopfschmerzen und war etwas geschafft.
Doch das Wetter des heutigen Tages sah widererwarten gut aus, sodass ich mich für einen kleinen Tagesmarsch entlang des Bergkammes entschied.
Es wurde ein wunderbarer Tag! Ich traf auf grasende Kühe, Pferde und Schafe, sah ansonsten aber keine Menschenseele und hatte die schönste Sicht überhaupt: Weiße Bergspitzen, Schroffe Felsen, hängende Gletscher und ein scheinbar niemals endender Bergkamm auf dem ich entlangspazierte.
Die bunten Blumen erfreuten mich, ich genoss die Stille und Einsamkeit um mich herum ich summte vor mich hin. Schließlich erreichte ich eine maximale Höhe von 4600 Metern. Dann wurde es mir zu felsig und steil und ich kehrte um.
Im Lager zurück, verbrachte ich den Nachmittag mit Lesen, Yoga und einem Nickerchen. David ging es viel besser. Wir aßen Popcorn, bekamen Besuch von einer Kuh und schauten einen weiteren Film.
Zum Abendbrot probierten wir unser dehydriertes indisches Essen: Reis und Linsen und indischer Gemüsereis. Naja, kann man essen!
Tag 4 Rückweg 2000 Meter
Die letzte Nacht war eher ungemütlich. Ständig zwickte mich etwas und es krabbelte in meinem Schlafsack.
Umso schöner war es, früh von den ersten Sonnenstrahlen geweckt zuwerden. Rasch wachte ich auf, wusch das Geschirr von der Nacht davor im eiskalten Wasser und machte uns einen Tee. Schon gegen 7:30 Uhr brachen wir auf und liefen im Eilschritt den Berg wieder hinunter. Für die Knapp 2000 Höhenmeter brauchten wir nicht mehr als 3 ½ Stunden. Dafür tuen mir jetzt die Oberschenkel weh und ich möchte mich keinen Milimeter mehr bewegen!
Fazit:
- Zur Akklimatisierung wäre eine weitere Nacht sinnvoll und die zweite Nacht auf 3900 Meter zuverbringen ist wohl etwas zuergeizig: besser wäre eine weitere Zwischenübernachtung!
- Ich fühle mich gut, trainiert und bereit für ein Abenteuer
- Dauerregen ist kein Spaß und könnte die Hanuman Tibba Expedition verhindern
- Pasta und Popcorn ist lecker, indischer dehidrierter Dhal geht und jeden Tag Haferbrei ist auch ok
- Das erste Mal eigenständig getrekkt (ohne Führer, Koch, Träger oder Pferde) und es wahr toll!!