Ich habe Louise im rajasthanischen Yoga Ashram kennengelernt, in dem sie mit ihrer kleinen Familie für einige Monate als Karma-Yogis gelebt hat.
Ich war neugierig und habe Louise gebeten, uns an ihrem Erlebnis in Indien mit der kleinen dreijährigen Matilda teilhaben zulassen und uns ein paar Hinweise zum Reisen mit Kind in Indien zugeben. Chalo! Reisen hat eine „Indien-Familien“ Reise entwickelt mit kinderfreundlichen Reiseorten, einfacheren und sicheren Reisewegen und vielen Aktivitäten für die ganze Familie.
Hier könnt ihr ihren wunderschönen Artikel lesen:
Eigentlich wollte ich nie wieder nach Indien! Als ich 2009 – beruflich – in diesem verrückten Land war, bin ich innerhalb von drei Wochen durch sieben Städte gerauscht. Was für ein Abenteuer! Ich hatte mich im Vorfeld riesig auf die Reise gefreut und auch schon jede Menge gehört. Ich freute mich auf die bunten Farben, Stoffe und Gewürze, auf die Frauen mit Bindis und Saris, das bunte Chaos, die Gerüche, das Essen, die Landschaften, eben alles. Ich wurde mehrfach angehalten, vorsichtig, nicht allein unterwegs zu sein, gut auf mich aufzupassen usw. Alles in allem war diese Reise letztendlich wundervoll. Ich war mit einem Orchester dort und habe traumhaft schöne Orte gesehen. Einen davon möchte ich euch unbedingt weiterempfehlen: Hampi.
Hampi gilt selbst unter Indienreisenden noch immer als kleiner Geheimtipp. Nicht jeder kennt diesen Ort und die, die ihn kennen, schwärmen dafür. Hatte es als Teil eines Königeichs früher einmal zwischen 200.000 und 500.000 Einwohnern, ist es heute nur noch ein Dorf mit etwas mehr als 2000 Bewohnern. Hampi gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Reisfeler, Bananenplantagen, der Tungabhadra-Fluss mit nussschalenähnlichen Korbbooten, die Tempelanlage, Bazaarstraße, Granitfelslandschaft und Makaken, aber auch Hippiresorts und Aussteigerpensionen prägen das Bild.
Nach dieser Reise wurde ich allerdings sehr krank, und war damit nicht die einzige. Mir ging es so schlecht, dass ich Indien rückblickend überhaupt nichts schönes mehr abgewinnen konnte und beschloss, nie wieder dort hin zu reisen.
Die Wurzel des Yoga – Indien ruft dich
Daniel war noch nie in Indien. Und wurde während seiner Ausbildung zum Yogalehrer immer wieder damit konfrontiert. Jeder, der ernsthaft Yoga unterrichtet, war wohl schon einmal in diesem Land und viele davon fahren begeistert jedes Jahr aufs neue hin. Interessant ist es immer wieder, was Leute von ihren Indienreisen berichten – wie sie es erlebt haben, welche Eindrücke sie gesammelt haben. Und dabei fällt auf, dass es zwei Gruppen gibt: entweder man liebt dieses Land oder man hasst es. Ich gehörte mittlerweile zur letzten Gruppe.
Wir haben lange überlegt, ob es wirklich sein muss, mit einem Kind nach Indien zu reisen. Matilda ist dreieinhalb Jahre, ungeimpft und war auch noch nie ernsthaft krank. Ich kenne Menschen, die mit schweren Krankheiten zurückgekommen sind. Und auf solche Abenteuer wollte ich mich auf gar keinen Fall einlassen. So sehr ich das reisen liebe, mein Entschluss, Daniel nicht zu begleiten, stand fest.
Ein Ashram in Rajasthan
Für Daniel war Indien ein Mysterium. Nach den verschiedensten Meinungen, Tipps und Ratschlägen wollte er sich nun endlich selbst ein Bild von diesem Land machen und rief uns wenige Tage nach seiner Ankunft in Rajasthan an: „Ihr müsst unbedingt kommen, du wirst es lieben, Matilda wird es lieben, ich sehe euch schon, wie ihr hier durch die Gegend rennt!“ Ok.
Ich kann nur jedem empfehlen, die Erfahrung in einem Ashram zu leben auch einmal zu machen. Man braucht keine speziellen Voraussetzungen dafür und es gibt viele verschiedene Ashramarten, in denen man auch als Familie mit Kind/ern Platz findet – nicht nur in Indien, auch in anderen Ländern, sogar in Deutschland.
Die blaue Perle am Rande der Wüste – Jodhpur
Jodhpur wird auch blaue Stadt genannt. Viele Häuser haben einen hellblauen Anstrich (als Abwehr gegen Moskitos und Zugehörigkeit der Bewohner zu den Brahmanen), was dem Panorama des Ortes einen besonderen Touch verleiht.
Die Stadt ist berühmt für ihre Rooftops! Überall hier kann man herrlich auf wunderschönen Dächern sitzen und gemütlich etwas essen oder trinken, dabei hat man immer den schönen Blick auf das Fort Mehrangarh, eine große Festung, die auf einem 125 m hohen Hügel liegt und in kurzer Zeit zu Fuß erklommen werden kann. Ja, auch mit Kind! Die Wege sind verwinkelt und überall gibt es kleine Shops oder Gästehäuser, die eigene, frische Küche oder Chai anbieten.
Jodhpur ist laut! Diese Stadt ist in der Tat sehr chaotisch und länger als ein Wochenende (in unserem Fall zwei) hält man es hier auch nicht aus. Doch es gibt viele schöne Ecken, wie z.B. das Malatelier, den reißerischen Markt (hier solltet ihr unbedingt mal einen der tollen Teeläden besuchen, die Gegend um das Fort herum oder die Saftbar am Lassi Market).
Unser wunderschönes Hostel kann ich euch absolut empfehlen: das Gopal Guest House. Hier bekommt ihr absolut günstige und saubere Zimmer in einem schönen Ambiente, es gibt natürlich auch hier eine Dachterasse (mit einem unbeschreiblich guten Mangolassi, den man sich allerorts empfiehlt), Internet und familiäres Flair. Ganz besonders geeignet für alternativreisende Familien, die etwas gemütliches mit Charme suchen!
In Jodhpur befindet sich übrigens auch ein kleiner Telefonladen (der sogenannte Vodafone-Shop). Nach mehreren Versuchen dieser Art, an funktionierende Simkarten zu kommen, wurde uns hier mehr als nur geholfen! Der Betreiber des kleinen Geschäfts hat deutsche Vorfahren und ist auf seine weltweit zufriedene Kundschaft und die langjährige Tradition ganz besonders stolz.
Pushkar
Ein absolutes Highlight war die kleine Pilgerstadt Pushkar. Wer hier her reist, darf sich nicht nur treiben lassen, er wird regelrecht hineingesogen in einen Strudel wundersamer Energien, kosmischer Begegnungen und bewegender Prozesse. Auf unserer Hinreise in diesen wunderschönen Ort wusste ich noch gar nichts um dessen Bedeutung und konnte die Anziehungskraft sofort spüren. So erging es übrigens vielen, mit denen ich gesprochen habe.
Pushkar ist eine heilige Pilgerstadt mit See und über 1000 Tempeln im Vorland der Wüste Thar. Mein absoluter Tipp für euren Aufenthalt in dieser Stadt: das Dr. Alone´s Lake View Hotel. Hier bekommt ihr einfach alles, was ihr braucht und habt noch dazu den schönsten Blick auf den See und die umliegenden Tempel. Dr. Alone, der Besitzer, hat karibisch-italienische Wurzeln und ist zudem ein Mensch, von dessen Weisheiten und Ratschlägen ich noch mein ganzes Leben zehren werde. Jemanden wie ihn habe ich so noch nie getroffen und wer schon immer mal wissen wollte, wie es ist, sich mit Jesus oder Buddha zu unterhalten, dem empfehle ich von Herzen, diesen Ort mit seiner Person einmal zu besuchen.
Indien mit Kind – meine Tipps für dich
Schon vor meiner Ankunft in Rajasthan hörte ich immer wieder: „Oh, Rajasthan! It´s beautyful!“. Und in der Tat habe ich mich in diese Gegend wirklich verliebt. Indien hat viele Facetten und eine davon ist wirklich sehr chaotisch, laut und schmutzig. Aus diesem Grund und nachdem ich das Landleben dort kennenlernen durfte, meide ich indische Großstädte. Natürlich ist es interessant und vielleicht muss man es auch mal gesehen haben, doch in diesem Fall reicht mir das und für Kinder kann es sicherlich noch viel mehr eine Herausforderung werden.
In Rajasthan ist das Indiengefühl gänzlich anders. Das Klima war von Februar bis April sehr heiß und trocken, aber angenehm. Die Landschaft ist sehr ländlich und dürr, es gibt Wüste und viel Steppe, zwischendurch Kamele und auch die Menschen hier empfand ich ein wenig wie das Klima selbst – warm, herzlich, sehr offen und doch etwas trocken und nicht so aufdringlich und überschwelgend wie in den großen Städten des Südens. Das Essen in Rajasthan weicht von den typisch indischen Gerichten, wie wir sie kennen, ab, Reis z.B. kommt hier nur ganz selten vor.
Worauf ich als Mama besonders geachtet habe
– Keine übertriebene Hygiene! Bei meinem ersten Indienbesuch habe ich genau das Gegenteil gemacht und bin ständig mit Desinfektionsmittel herumgerannt, offensichtlich weniger erfolgreich.
– Ein nicht indisches Kind fällt auf und alle wollen es mal knuddeln, in die Bäckchen kneifen oder wenigstens kurz antippen. Angesprochen wird man sowieso, doch damit es dem Kind nicht zu viel wird, haben wir sehr darauf geachtet, ihm einen gewissen Schutz zu bieten.
– Sauberes Trinkwasser. Im Ashram gab es das beste Monsunwasser frisch aus einem Brunnen. An allen anderen Orten haben wir es aus Flaschen getrunken. Leitungswasser habe ich probiet, diese Ausnahmen waren das Hostel in Jodhpur, wo es große Tonkrüge mit Trinkwasser gab, sicher war es Leitungswasser, in diesem Fall aber sauber und verträglich.
– Ausreichend Obst, Gemüse, Kokos, Nüsse und Trockenfrüchte. Die Umstellung auf das doch eher scharfe Essen hat bei unserem Kinder doch etwas gedauert, weshalb wir für sie immer Extraessen dabei hatten. Frische Nahrungsmittel kann man hier überall ohne Bedenken kaufen, sie kommen vom Land, sind im Gegensatz zu Deutschland unbearbeitet und schmecken immer gut. (Waschen natürlich nicht vergessen.)
– Bei Lokals kaufen und essen gehen. Da, wo viele Inder essen, muss es gut sein, zummindest fanden wir das immer ein gutes Zeichen und lagen nie falsch. Bekannte westliche Ketten gibt es in Indien nur für uns Touristen, Inder selber essen dort normalerweise nicht, weshalb wir das – nicht nur in Indien übrigens – absolut vermeiden.
– Hindus leben vegetarisch. Wenn es irgendwo Fleisch oder Fisch gibt, dann aus anderen Gründen. Auf unserem Speiseplan stehen ohnehin keine tierischen Produkte und ich würde sie auch in Indien vermeiden.
– Rikshas, Busse, Taxis oder Züge – wir haben nahezu alle Transportmittel einmal ausprobiert. Die Busse kommen oftmals wie sie wollen, fahren ungefedert und holprig. Dafür sind sie supergünstig und je nach Tageszeit sogar nicht einmal sehr voll. Und auch die Zugfahrt haben wir uns schlimmer vorgestellt. Letztendlich waren alle Fahrten sehr angenehm und nicht annähernd schauerlich, wie man es überall immer wieder liest.
Die Nachteile Indiens als Reiseland sind nun mal die Armut, der Dreck, fehlende Menschenwürde usw. Auf den Straßen liegt einfach alles herum, Kot, Latrinenprodukte, Abfälle – wobei sich auch hier das Stadtleben komplett vom Landleben unterscheidet. Trotzdem habe ich die Menschen in Rajasthan ganz besonders empfunden und generell liegt hier eine unglaublicher Spirit, eine Fülle, ein Reichtum, den man in keinem unserer westlichen Länder wieder finden kann! Indien ist das Land der Gegensätze und stellt jegliche Logik, in der wir uns bewegen, grundlegend auf den Kopf. Das schöne ist: die Menschen lächeln, sie wirken auf mich teilweise sogar glücklicher, als die Menschen in Europa. Und ich weiß auch, woran das liegt. In Indien gibt es noch eine Verbindung, die Verbindung zum Kosmos. Allein die vielen Tempel und die wirkliche Hingabe an etwas, das Dienen eines übergeordneten Ganzen, kann man hier überall spüren und miterleben. Europa ist für mich in dieser Hinsicht ein absoluter Kulturschock und ich wünsche mir aus tiefem Herzen, dass wir das auch hier wieder für uns finden. Indien ist in jedem Fall eine Herausforderung und wer sich einmal versucht, darauf einzulassen, kann hier Wunder erleben.