Im Prinzip ist meine Überschrift schon falsch. Man kann eigentlich gar nicht verallgemeinernd über die Frauen in Indien schreiben. In Indien gibt es nicht die „typische Frau“ ! Je nach Herkunft, Kaste, und Wohlstand unterscheiden sich die weiblichen Bewohner in ihrem Leben auf dem indischen Subkontinent voneinander stark. Kaum ein Leben gleicht dem Anderen.
Mit diesem Artikel versuche ich nicht ein vollständiges Bild über die indische Frau zu erstellen, sondern möchte vielmehr verdeutlichen, dass jede Frau individuell ist und es keinen Sterotyp Frau in Indien gibt.
Ich werde fünf verschiedene Frauen in diesem Artikel votstellen, alle sind Inderinnen, jede ist verschieden und ich hoffe, dass ich mit diesem Artikel dazu beitrage, dass wir etwas vorsichtiger mit der Beurteilung eines indischen Frauenlebens sind.
Shumni, indische Bergfrau
Shumni ist 31 Jahre alt und lebt mit ihren beiden Kindern Ansul (3 Jahre) und Namika (6 Jahre) und Ashok, ihrem Ehemann in kleinen Bergdorf Kanol. Sie leben in einem eigenen Haus, dass Ashok vor drei Jahren, einen Jahr nach ihrer Hochzeit, bauen ließ, da der Platz im Haus seiner Familie nicht mehr genügte.
Shumni besuchte nie die Schule und kann weder lesen, noch schreiben. Doch diese Fertigkeiten benötigt sich auch gar nicht in ihrem harten Arbeitsalltag. Von klein auf, wurden ihr Fertigkeiten von ihrer Mutter, ihren Tanten und Schwestern beigebracht, die es ihr nun ermöglichen für ihre Familie zuhause zu sorgen. Aufgewachsen ist Shumni zusammen nit ihren sechs Geschwistern im 3 km entfernten Nachbardorf. Ihre Heirat wurde von ihren Eltern arrangiert und nach der Eheschließung zog sie in das Dorf ihres Ehemannes. Anfangs war es schwer ihre Freunde und Familie hinter sich zu lassen, doch sie besucht oft ihr altes zuhause und schloss schnell Freundschaften mit den anderen Frauen, die in Kanol schließlich alle neu zugezogen sind.
Ihr täglicher Arbeitstag beginnt früh um 5 Uhr. Sie wäscht sich, macht Feuer und versorgt ihre Kinder und die drei Kühe, die um 8:30 Uhr in die Dorfschule gehen. Ihr Mann Ashok ist vorallem in den Sommermonaten kaum zuhause, da er als Arbeiter sich entweder im Straßenbau oder für Treks mit Touristen in die Berge anheuern lässt.
Nach 8:00 Uhr verlässt Shumni das Haus um mit den anderen Frauen einen Hügel hinauf zu steigen. Hier werden Holz, Gras für die Kühe und essbare Pflanzen gesammelt- Nach vier Stunden kommt sie zurück um das Mittag, bestehend aus selbstgesammelten wilden Pflanzen und Chapathis (Teigpfladen), die aus Maismehl bestehen, das von ihren Maisfeldern kommt.
Nach der Mittagsmahlzeit wird Wäsche mit der Hand am Brunnen gewaschen, das Haus gesäubert oder neue Kleidung genäht. Außerdem macht sie aus der Kuhmilch frischen Jogurt und Butter. Nachmittags geht es auf die Felder, entweder um Klee, Brennnesseln oder Senfplanzen für das Abendbrot zu sammeln, oder um sich um das Getreide zu kümmern.
Zuhause zurück gekehrt wird auch schon wieder mit dem kochen auf dem offenem Feuer begonnen. Um 6 Uhr werden die Kühe gemolken und gefüttert, gegen 8 Uhr gibt es Abendbrot. Für die Gerichte verwendet sie fast ausschließlich eigene Produkte, fast nichts wird im Geschäft gekauft.
Bei der Mahlzeit serviert Shumni erst ihren beiden Kindern und ihrem Mann das Essen und ist erst nachdem ihre Familie satt ist allein die Reste.
Bis um 9 Uhr wird noch ein wenig am Feuer gesessen um sich zu unterhalten, dann geht es früh zu Bett.
Shumni wirkt nicht unglücklich, aber stark und gelassen. Sie verbringt den Tag bei der Arbeit meist mit den anderen Frauen und unterhält sich viel.
Sie nimmt ihre Arbeit, die sie hat, so hin, wie sie ist. Es muss eben getan werden und sie möchte ja auch etwas tun!
Hamreet, Hausfrau in Delhi
Auch Hamreet ist eine Hausfrau und ist stolz darauf. Jeden, der es hören möchte erzählt sie im perfekten Englisch, dass sie zwar einen abgeschlossenen Bachelor Studiengang hat, ihr der arber nichts nützt, da sie nun Fulltime Mutter und Ehefrau ist: „Ich habe nie frei, arbeite von morgens bis abends, die ganze Woche lang!“ erzählt sie mit einem gespielten stöhnen und aufrechtem Rücken.
Ich bin neugierig und werde von ihr eingeladen, einen Tag mit ihr bei sich zuhause zu verbringen.
Hamreet lebt in einem Familienverbund zusammen mit ihrem Ehemann und ihrem drei Jährigen Sohn, seinen Eltern und seinem Bruder und dessen Frau.
Oft hört man Horrorgeschichten darüber, wie die armen Ehefrauen unter die Fittiche ihrer Schwiegermutter genommen werden. Doch als ich bei ihnen zuhause war, schien die Verbindung zwischen Schwiegermutter und Tocher sehr liebevoll und intim. Während die Ehemänner auf Arbeit sind, haben die drei Frauen das zuhause für sich und leben ganz wunderbar und familiär zusammen.
Hamreet ist 25 Jahre. Sie gehört der Sikhreligion an und wurde vor 10 Jahren mit ihrem jetzigen Ehemann verlobt, den sie mit 19 heiratete. „ Aus Freundschaft wurde liebe bei uns!“ erzählt sie mir ganz offen. Und tatsächlich, wenn ich die beiden beobachte, kann ich sehen wir liebevoll und offen sie miteinander sind. ich bin überrascht wie sie in sich das traditionelle und moderne mit einander vereint: Sie hat das neueste Smartphone und ist bei Facebook, kleidet sich oft in Jeans und Kleidern, geht Shoppen und ins Kino. Auf der anderen Seite schneidet sie sich aus religiösen gründen nicht die Haare, betet täglich und bringt das Essen pünktlich auf den Tisch für ihren Mann .
Doch wie ich an dem Tag meines Besuches fest stellen durfte, ist Hamreet weniger Hausfrau, als vielmehr Hausdame. Die Familie ist sehr wohlhabend und es gibt eine festangestelltes Mädchen, dass die Wäsche wäscht, den Abwasch erledigt und das Haus putzt. Allein die Zubereitung des Essens ist Aufgabe der Damen. Sie wollen selbst kochen, schließlich ist es dass, was sie am besten können! Warum sollte es also jemand anderes tun?
Außerdem kümmert sich Hamreet viel um ihre eigene Schönheit: Es geht in den Beauty Parlour, täglich wird dick die Schmike aufgetragen und der eigenne Schneider kommt zu ihr nach hause um die schönsten Kleider und traditionellen Anzüge zu schneidern.
Ihr Mann führt sie regelmäßig aus und jeden Monat geht sie zur Kitty Party, eine Kaffekränzchen für Frauen. Jeden Monat stecken sie 3000 Rupien in eine Gemeinschaftkasse, die dann monatlich einer der Frauen geben wird. Dass das Geld eigentlich das Geld der Männer ist, spielt dabei kein Rolle.
Hamreets Tagesablauf schaut in etwa so aus:
7:00-8:00 Uhr Sie wäscht sich und betet
8:00 Uhr Sie weckt ihren Mann und ihr Kind
8:30 Uhr Abwechselnd mit ihrer Schwägerin bereitet sie das Frühstück zu
9:30 Uhr Frühstück
10:00 Die Männer verlassen das Haus
10:00-12:00 Sie schafft Ordnung ihres eigenen Zimmers und Badezimmers
12:30 Uhr Sohn kommt von der Schule und wird versorgt
14:00 Uhr Die Frauen essen Mittag, das von der Schwiegermutter gekocht wurde
15:00-18:00 Uhr Langer Mittagschlaf
18:00 Uhr Snacks und Tee
18:30-21:00 Uhr Zubereitung des Abendessen (Abwechselnd mit ihrer Schwägerin
21:00 Die Männer kommen nach Hause
21:30 Abendessen
22:30 Gebet
23:00 Schlafen
Ein Tagesablauf der mir machbar scheint.
Lest ein Interview mit Harmeet hier.
Savita
Savita lebt mit ihrem Mann und beiden Kindern in Delhi und ist die Köchin eines Freundes von mir. Ihr Mann arbeitet als Wächter, die beiden Kinder gehen zur Schule und sie arbeitet bei Familien zuhause.
Täglich bereitet sie hintereinander Weg fünf verschiedenen Haushalten das Essen zu.
In Delhi und anderen Großstädten ist es gang und gebe, dass sich die wohlhabendere Mittelschicht Putzfrauen, Wäschefrauen und Köchinnen leisten, die bei ihnen zuhause die Arbeit verrichten.
Täglich von 8:30 bis 10:30 Uhr morgens kommt Savita zu meinem Freund in die Wohnung und bereitet für ihn und seine zwei Mitbewohner ein Frühstück und ein Abendeesen zu. Die Zutaten werden wöchentlich von den Bewohnern gekauft und sie entscheidet individuell über die täglichen Gerichte.
Bevor sie zu meinem Freund nach hause kommt, ist sie schon bei zwei anderen Päärchen zuhause gewesen und wird dannach noch zu zwei weiteren Wohnungen gehen um zu kochen. Um 17:30 ist sie mit dem Kochen fertig. Sie ist eine gute Köchin und wird oft von ihren Arbeitgebern an Freunde weiterempfohlen. Pro zu bekochende Person nimmt sie 1000 Rupien im Monat. Insgesamt vedient sie so Elftausend Rupien, was in etwa 190 Eure entspricht. Ein relativ guter zuverdienst zum Gehalt des Mannes.
Zusätzlich muss sie natürlich auch alle anfallenden Arbeiten bei sich zuhause verrichten. Auch hier kocht sie, wäscht die Wäsche und hält das Haus sauber.
Savita ist eine selbstbewusste, füllige und kommunikative Frau. Als ich bei meinem Freund für ein paar Tage lebte und wenn immer ich in die Küche kam, wurde ich von ihr in Hindi festgenagelt und in ein Gespräch verwickelt, obwohl mein Hindi eher schlecht und brüchig ist.
Dikschika
Dikschika ist einer dreinundzwanzigjährige Studentin die gerade ihren Master macht. Sie kommt aus Utthrakand, einem Bergstaat Indiens und lebt nun in Delhi zusammen mit ihren beiden Geschwistern in einer Wohnung, der der wohlhabenden Familie gehört.
Sie spricht fließend Englisch, ist bildschön und kleidet sich moderner als ich. Oft übernachtet sie bei ihrem Freund zuhause, geht mit Freundinnen shoppen oder ins Kino und isst oft außer Haus.
Ihre große Leidenschaft ist das Tanzen. Momentan folgt sie ihrer Leidenschaft mehr , als ihr Studium und besucht Tanzstunden in ihrer Vorlesungszeit. Oft kommt sie erst spät nachts nachhause und schläft am nächsten morgen bis 12 Uhr Mittags.
Man erkennt, dass hinter ihr eine Famile mit viel Geld steht, die ihr viele Freiräume lässt. Natürlich nutzt sie ihr unabhängiges Leben, weit entfernt von ihrer Famile, um ihr leben noch freier zugestalten.
Ihr stehen alle Türen offen und sie macht und wird machen, was sie möchte und für richtig hält. Dikshika ist eine unserer Reiseleiterinnen.
Ragu
Ragu ist 20 und aus Rajasthan. Mit 17 wurde sie mit ihrem Ehemann verheiratet und lebt seitdem bei seiner Familie und kümmert sich um den Haushalt. Er selbst ist die meiste Zeit nicht da, da er in Karnataka ein Kleidungssgeschäft besitzt.
Ragu ist in der typischen Kleidung einer Rajasthani Eherau gekleidet: Lange bunte Röcke, viel Schmuck an Fußgelenken, Ohren und Armen, ein Nasenring und natürlich ein durchsichtiger Schleier, der ihr schönes Gesicht nur erhahnen lässt.
Anders, als viele andere Rajasthani Frauen, ging Ragu bis zur 12. Klasse in die Schule und machte ihren Abschluss. Auch wenn sie ihren mann kaum sieht, liebt sie ihn und hofft nun auf ein Kind. Ob Mädchen oder Junge, dass ist ihr egal. Sie selbst hat sieben Geschwister, möchte selbst aber nur 2 Kinder.
Ihr Mann ist gerade auf Urlaub für einen Monat und für ein paar Tage sind sie gemeinsam in einen Ashram gefahren. Sie hoft in dieser Zeit ein Kind enstehen lassen zu können.
Hier in diesem Ashram habe ich die beiden zusammen kennengelernt. Sie ist sehr selbstbewusst,aber auch fleißig und erledigt kommentarlos die anfallenden Arbeiten.
Sie hoft hier Englisch zu lernen und wird dabei von ihrem Mann unterstützt. Auch ist er damit einverstanden, dass sie hier im Ashram mit bei einem Mädchen Camp als Yogaleherin arbeiten darf!
Ragu ist eine tolle Frau, die glücklich scheint. So, wie die anderen Frauen, ist sie nicht mit Männern befreundet und bei großen Veranstaltungen und Festen in Rajasthan, sitzt sie mit den anderen Frauen zusammen, getrennt von den Männern.
Zu mir ist sie sehr offen und sie wurde mir eine sehr gute Freundin hier im Ashram. Sie lehrte mich inder Zubereitung von rajasthanischen gerichten, verzierte mir die Hände mit Henna, unterhielten uns und machten Witze in einem mischmasch aus Englisch und Hindi und hatten viel Spaß zusammen in der gemeinsamen Yogastunden, in denen sie ohne Kopftuch und mit Turnhose erschien! Weiter so, Mädels aus Rajasthan und ganz Indien!