Eingeladen bei einer indischen Familie in Indien

Acht Tipps und Hinweise

Gastfreundliches Indien

“Atithi Devo Bhava”.

Indisches Sprichwort : “ Der Gast is Gott“

In Indien ist der Gast kein König, sondern Gott. Und dementsprechend wird er umsorgt, geachtet und alles Erdenkliche getan, um einen Besucher Indiens, den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Dafür werden keine Mühen gescheut!

Die Inder empfinden es noch immer als besonders, ausländische  Besucher in Indien zu haben. Und auch wenn es eigentlichen keinen persönlichen Grund gibt, sehen sie es als ihre Verantwortung, dass wir uns in ihrem Land so wohl, wie nur möglich fühlen.

Selbst nach nur flüchtigen Begegnungen im Zug, beim Sightseeing oder in einem Restaurant, kann es einem passieren, dass man in ein Gespräch verwickelt wird und eine Einladung zu einem Abendessen oder gar Übernachtung erhält.

Achtung: Was der Inder als Gastfreundlich empfindet, kann auf uns manchmal auch einengend wirken. Inder haben ein anderes Verständnis von Privatsphäre. Alleine zu sein, bedeutet für sie Einsamkeit. Und reist man ganz allein durch ein fremdes Land, erhält man von der indischen Bevölkerung oft starkes Mitgefühl und man fühlt sich fast wie adoptiert. Hat man einmal eine Beziehung etabliert, so weicht ein Inder manchmal nicht mehr von der Seite. Besonders ältere Inderinnen, übernehmen schnell eine Mutterrolle.

Eingeladen in einem indischen Zuhause

Doch das Beste, was einem auf einer Reise durch Indien passieren kann, ist tatsächlich von Indern nachhause eingeladen zu werden. So gelingt einem der Schritt vom „Touristen“ zum „Erlebenden“. Das „echte“ Indien spielt sich nämlich abseits der Sehenswürdigkeiten und vorallem in den Familien der Inder ab. Hier bekommt man einen authentischen Einblick vom indischen Leben, der Kulturen, Religionen, des indischen Alltags und Familienlebens.

Eine indische Familie

eine wohlhabande Punjabi Familie

In Indien spielt die Familie die zentrale Rolle. Ohne seine Familie ist man ein niemand. Nicht umsonst gibt es vorwiegend noch immer „Joint Familys“. Also ein Leben in der Großfamilie mit Kindern, Brüdern, Eltern und Großeltern. Die Frau zieht in der Regel zur Familie des Mannes.

Wird man in Indien also eingeladen, kann man davon ausgehen, dass man mehrere Generationen der Familie kennenlernen wird. Doch natürlich ist jede Familie auch in Indien ganz unterschiedlich: Religion, Region, ob in der Stadt oder Land und auch der finanzielle Stand können das Erlebnis eines Besuches einer Familie ganz unterschiedlich  machen. Indien bedeutet Diversität und diese Diversität spiegelt sich auch im zuhause der Inder.

Daher ist es sogar fast noch interessanter, wen man die Möglichkeit während seiner Indienreise hat, verschiedene Familien kennenzulernen.

Eine Familienbesuch in einem abgelegenen Himalaya Dorf im Spiti Tal unterscheidet sich natürlich enorm von einem Besuch einer muslimischen Großfamilie in Delhi.

Indische Wohnverhältnisse

Ein zuhause im ländlichen Rajasthan

Mit der Unterschiedlichkeit der Familien kommen natürlich auch Unterschiede in den Wohnverhältnissen der Inder. Ob man von seinem Rikschah Fahrer, seinem Trekking Guide oder dem Ingenieur, der neben einem im Flugzeug sitzt, eingeladen wird, macht einen Unterschied.

Darauf kann man sich am besten auch schon im Vorhinein einstellen.

Egal auf welchem Niveau die Menschen Leben, sie werden einem allen vorzüglich umsorgen und bewirten. Doch die Lebensumstände unterscheiden sich deutlich.

In sehr einfachen Behausungen wird es eventuell nur ein oder zwei Zimmer geben, wo sich alle Familienmitglieder aufhalten. Es mag nur ein Plumpsklo außerhalb geben, keine Möbel und auch kein gefiltertes Wasser.

Es gibt aber auch sehr, sehr wohlhabende Inder, die auf einen weit besseren Standard Leben, als wir.  wundert euch hier nicht über mehrere Angestellte (Fahrer, Köche, Gärtner, Reinigungskräfte), eine fließende Kommunikation in Englisch durch alle Familienmitglieder und einem eigenem Badezimmer zum Schlafzimmer.

Ein Abend oder eine Nacht bei einer Indischen Familie

Im Folgenden nehme ich euch einmal durch die Abfolge eines Besuches als Gast bei einer indischen Familie

Tipp 1 Gastgeschenk

indische Süßigkeiten

Gastgeschenke sind kein muss, sind aber nett. Ist der Besuch schon länger geplant und man hat dadurch die Möglichkeit kleine Mitbringsel aus seinem Heimatland mitzubringen, wäre das natürlich optimal. Typische Süßigkeiten, Bildbände oder typische Handwerksprodukte kommen sicherlich gut an. Doch oft passieren in Indien Einladungen auch spontan. Dann ist es nett, zumindest eine kleine Nascherei für die Kinder zu besorgen.

Tipp 2 Kleiderwahl

Frauen tragen traditionelle Sari

Wenn wir in Indien als Backpacker unterwegs sind, haben wir meist keine festliche Kleidung mit dabei. Das muss auch nicht. Denkt dennoch bitte daran, dass ihr angemessen und sauber gekleidet seid. Auch wenn die Person, die euch eingeladen hat jung und modern scheint, ist man dann oft überrascht, in welch traditionellen Verhältnissen diese Person doch lebt. Gerade die ältere Generationen und die Frauen des Haushalts werden sehr traditionell gekleidet sein.

Achtet darauf, dass eure Knie und Schultern bedeckt sind. Auch ein Tuch macht sich immer gut.

Tipp 3 Begrüßung

Namaskaram

Ganz wichtig: Wenn ihr das Haus betretet, Schuhe ausziehen. Schuhe gelten in Indien als schmutzig.

Nun kann eure Begrüßung ganz unterschiedlich aussehen.

Nichts falsch macht hier, wenn ihr die Handflächen vor dem Herzen zusammenlegt und „Namaste“ oder „Namaskaram“ sagt. Außer ihr seid bei einer muslimischen Familie eingeladen. Hier begrüßt ihr euch mit einem as-salāmu ʿalaikum (Der Frieden auf Euch)  und antwortet mit wa-ʿalaikumu s-salām (Und auf Euch der Frieden). Die Hände machen dabei nichts.

Frauen und Frauen können sich bei der Begrüßung umarmen, unter Männern ist ein Händeschütteln immer üblicher- ganz Religionsunabhängig.

Frauen und Männer umarmen sich nicht und auch Händeschütteln ist zwischen den Geschlechtern nicht angebracht.

Je nach Religion, kann es auch sein, dass ihr in Form einer Zeremonie willkommen geheißen werdet. Erinnert euch: Ihr seid Gott.

So ist es nicht unüblich in Hindu Familien von dem weiblichen Familienoberhaupt am Eingang mit einem im Uhrzeigersinn kreisendem Teller und gemurmelten Mantras begrüßt zu werden. Auf dem Teller befinden sich ein Licht, Farbpulver und ein Räucherstäbchen, sowie ein Band. Das Pulver kommt als Tikki auf den Punkt zwischen euren Augenbrauen, das Band um euer Handgelenk. Manchmal erhält man auch eine bunte Blumengirlande. So wird man in die Familie aufgenommen.

Hinweis: Bei älteren Personen berührt man aus Respekt beide Füße. Dafür verbeugt man sich tief vor der Respektsperson. Beim Auftauchen bringt man die Hände vor dem Herzen.

Tipp 4 Ablauf des Abends

Einheimische Küche

Nachdem ihr Platz genommen habt, oft auch im Schneidersitz auf dem Boden, werden die Frauen des Hauses euch erst Wasser oder Saft und dann Tee mit Snacks anbieten. Meistens ist das Wasser gefiltertes Wasser. In ganz einfachen Familien auf dem Land, wird es nicht gefiltert sein. Hier könnt ihr den Saft annehmen und aus eurer eigenen Wasserflasche trinken.

Der Tee wird ziemlich süß sein, da muss man dann mal durch. So lecker wie die Snacks oder Kekse zum Tee auch sein mögen, haltet euch etwas zurück, denn es folgt noch ein reichhaltiges Abendessen.

Wahrscheinlich werdet ihr zusammen mit den männlichen Familienmitgliedern sitzen und die Frauen schwirren um euch herum oder sind in der Küche, um die Mahlzeit vorzubereiten. Da könnt ihr gern auch einmal aufstehen und den Frauen über die Schulter schauen. Das lockert alles etwas auf. Auch kann man sich Fotoalben oder das zuhause zeigen lassen.

Höchstwahrscheinlich wird das Abendessen nämlich erst etwas später serviert und ist noch mitten in der Vorbereitung.

Tipp 5 Die Mahlzeit

indische Speisen

Irgendwann ist es dann soweit und es ist Zeit für das Abendessen. Da ihr ganz besondere Gäste seid, wird euch eventuell vor allen anderen serviert. Das fühlt sich manchmal merkwürdig an.  Oder aber ihr esst mit den Kindern und männlichen Familienmitgliedern zusammen. Traditionell serviert die Frau das essen und isst selbst erst später. Dabei lässt man sich von ihr auf- und nachfüllen. Bitte bedient euch nicht selber, außer an dem aufgeschnittenen Gemüse oder Chutneys. Die Frauen werden auch immer wieder mit warmen frisch gebackenen Brotfladen kommen oder euch fragen, wovon ihr noch mehr möchtet.

eine indische Frau serviert das Essesn

Lasst euch wirklich nur so viel geben, wie ihr auch aufessen könnt. Manchmal ist das Teller leer essen nicht ganz einfach. Einige Speisen können ungewöhnlich oder auch sehr scharf sein.

Inder essen in der Regel recht schnell, sprechen nicht beim Essen und konzentrieren sich ganz auf den Essvorgang. Das Essen an sich ist eher Mittel zum Zweck, als eine gesellschaftliche Aktivität. Lasst euch nicht hetzen und esst in Ruhe.

Eventuell wird euch vergessen Besteck zu geben da man in Indien traditionell mit der Hand ist, besonders, wenn man zuhause ist. Ihr könnt immer nach einem Löffel fragen! Falls ihr mit den Händen esst: Benutzt die linke Hand.

Tipp 6 Händewaschen

Essen mit dem Händen

Da man in Indien mit der Hand ist, wascht euch vor dem Essen die Hände. Nach dem Essen wartet man bis alle fertig aufgegessen haben, erst dann steht man auf und wäscht seine Hände.

Tipp 7 Nutzung des Badezimmers

Eventuell gibt es nur ein Plumpsklo draußen und kein fließend Wasser. Dann wird euch eine der Frauen mit einer Schöpfkelle Wasser zum Händewaschen geben. Wahrscheinlicher ist jedoch die Anwesenheit eines Badezimmers –entweder mit indische Hocktoilette oder westlicher Toilette. Toilettenpapier kann vorhanden sein, muss aber nicht. In jedem Fall gibt es Wasser aus einem Eimer, Wasserhahn oder Brause, womit man sich reinigen kann.

Da es in den Badezimmern für gewöhnlich keine Duschabtrennung gibt, ist das ganze Bad nass. Dafür stehen vor dem Badezimmer Badelatschen, die man anzieht, damit die Füße trocken bleiben.

Habt ihr eigentlich schon etwas von der berühmten Eimerdusche gehört? Gibt es keine Dusche, setzt man sich vor einen Eimer und begießt sich mit einem Schöpfeimer.

Tipp 8 Die Übernachtung

Schlafzimmer

Eine Übernachtung bei einer indischen Familie kann aus verschiedenen Gründen reizvoll sein. Man erhält einen noch intensiveren Einblick in die Kultur und man spart Geld für eine Unterkunft.

Üblich ist oft ein eigenes Zimmer mit privatem angeschlossenem Badezimmer. Aber falls ihr alleine reist, erinnert euch, was ich zum Thema „ Privatsphäre“ und „ Einsamkeit“ gesagt habe. Es kann passieren, dass man euch nicht alleine schlafen lassen will und sich jemand (gleichgeschlechtliches) zu einem legt – manchmal auch einfach nur aus Platzgründen.

Inder sind extrem tolerant und stören sich nicht an Geräuschen oder Licht. Ein lautes Schnarch Konzert oder angelassenes Licht sollte einen nicht überraschen.

Am nächsten Tag beginnt der Tag für die Familie zwar oft früh (Morgensport, Gebete, Kühe melken). Doch das Frühstück gibt es meist erst etwas später. Schließlich hat man spät zum Abend gegessen und es muss ja auch gekocht werden. Doch ein süßer Chai wartet gleich beim Aufstehen auf einem.

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