Das Spiti Tal
Das Spiti Tal- dem Namen nach her bedeutet „ Spiti“ „Das Land dazwischen“. Es ist nämlich das Land zwischen Tibet und Indien. Und obwohl Spiti zum westlichen Teil des indischen Bundesstaates Himachal Pradesh gehört, ist das durch mächtige Bergketten abgegrenzte Tal so anders, als der Rest Indiens.
Nur für einige Sommermonate im Jahr ist das abgelegene Spiti Tal über hohe Pässe und schlechte Straßen zu erreichen. Für den Rest des Jahres müssen Besucher eine mehrere hundert Kilometer lange Fahrt vom Süden auf sich nehmen. Doch dann ist es in der sogenannten Hochgebirgswüste auf über 3000 Meter Höhe kalt und ungemütlich. Bis auf -35°C sinken die Temperaturen in der indischen Himalaya Region ab.
Die abgehärteten Einheimischen nutzen den kurzen Sommer um sich auf den langen Winter vorzubereiten. Sie bauen Gerste, Kartoffeln und Erbsen an. Während die Gerste zumeist den Eigenverbrauch dient (aus ihr wird nährende Tsampa, ein Getreidebrei, Brot und Alkohol hergestellt), verdienen sich die Einheimischen mit dem Export von Kartoffeln und Erbsen nach Zentralindien noch ein wenig Geld.
Ansonsten lebt man von der Viehwirtschaft. Der störrische Yak wird mit der zahmen Kuh gekreuzt und heraus kommt das Churu, ein starkes und treues. Aus der Milch wird Jogurt und Butter hergestellt und im Winter werden in den Dörfern immer wieder Tiere geschlachtet und das Fleisch an die Dorfgemeinschaft verteilt.
Die buddhistische Bevölkerung feiert ihre Feste und Hochzeiten im langen Winter. So vertreiben sie sich die Zeit und halten sich bei Laune.
Der erstgeborene Sohn der Familie wird später das Land erben, während dem Zweitgeborenen meistens ein Leben als buddhistischer Mönch in einem der tausend Jahre alten Klöster erwartet.
Mit einer Länge von ca. 130 km ist das Spiti Tal ziemlich klein und überschaubar.
Kleine Dörfer befinden sich weit oben auf über 4000 Meter versteckt in kleinen Seitentälern an reißenden Flüssen. Historisch bedeutsame Klöster schmiegen sich an den trockenen Berghängen und läuft man ein wenig durch die karge und baumlose Landschaft, so kann man nicht nur auf den ein oder anderen Steinbock treffen, sondern findet auch über 150 Millionen Jahre alte Versteinerungen, aus der Zeit als diese Region noch vom Tertiären Meer überflutet war. Läuft man noch ein bisschen weiter durch die dünne Luft stößt man gar auf den einen oder anderen Bergsee. Dann kommen die verweisten Gletscher und irgendwann wäre man letzten Endes in Tibet.
Unterwegs im Spiti Tal
Spiti ist ein wirklicher Geheimtipp für Bergliebhaber, Kulturinteressierte und Abenteurer.
Das Tal ist weniger touristisch als die etwas nördlich gelegenerer Region Ladakh, bietet aber eine ähnliche Landschaft und Kultur.
Da das Spitital im Regenschatten hinter den hohen Bergen gelegen ist, eignet sich ein Besuch besonders in der Monsun-Zeit Von Juni bis September, wenn es im Rest des Landes kräftig regnet, bleibt es hier nämlich zumeist trocken.
Viele Reisende erkunden das Spiti Tal in Form einer Motorradtour oder Jeep Safari. Andere nutzen die weit verzweigten Trekkingpfade um das Tal zu erleben und übernachten teils in Zelten, teils in alten Klöstern oder in sogenannten Homestays, bei den Einheimischen zuhause.
Auch eine Fahrradtour durch das Spitital ist ein unvergessliches und auch sehr sportliches Erlebnis. Im Spiti Tal herrscht so gut wie kein Verkehr und bei den Straßen handelt es sich meist um unbefestigte Jeeptracks, die jedes Mountainbiker Herz höher schlagen lassen.
Doch das Spiti Tal eignet sich auch einfach nur für ein paar entspannte Tage Urlaub.
Anreise in das Spiti Tal
Die Anreise in das Tal ist lang und anstrengend. Für die 200 Kilometer vom Ausgangsort Manali benötigt man zwischen 8-10 Stunden. Denn die Straße liegt an der Grenze des Unbefahrbaren mit viel Geröll auf der unbefestigten Sandpiste, steilen, über 4000 Meter hohen, Pässen und einigen Flussdurchquerungen. Hier sollte man nur geübte Fahrer mit Gelände fähigen Fahrzeugen an das Werk lassen und es ist gut so, dass es in Indien eh üblich ist, das Fahrzeug und den Fahrer zusammen zu mieten.
In Kaza, der Ditrikthauptstadt angekommen, braucht man wenigstens einen Tag um sich an die dünne Luft hoch oben auf 3600 Meter zu gewöhnen. Tiefer Atem, Kopfschmerzen und schlaflose Nächte müssen einkalkuliert werden. Doch hat man sich dann erst einmal von der anstrengenden Anreise erholt und sich an die Höhe angepasst, bietet das Spiti Tal faszinierende Tagesausflüge.
Tagesausflüge im Spiti Tal
Ich selbst habe erst kürzlich sechs wunderbare und friedliche Tage mit meiner Familie in Spiti verbracht. Als Basis hatten wir ein kleines gemütliches Hotel in Kaza.
Tagsüber ging es auf Wanderungen mit Fossil Findungen nahe Langza, wir nahmen an buddhistischen Zeremonien in den Klöstern Dhankar und Ki teil, besuchten die traditionellen Dörfer Kibber und Lalung und unternahmen Fahrradtouren auf den hohen und unbefahrenen Jeeppisten Spitis zwischen Lalung und Demul. Auch die Wanderung vom 4500 Meter hohen Kunzum Pass zum Chandratal See (4200 m) ist ein Highlight. Technisch gesehen liegt der sogenannte „Mond See“ im Lahaul Tal, liegt jedoch auf dem Weg zwischen Manali und Spiti und ist ein idealer Zwischenstopp während der langen Reise.
Obwohl meine Familie in sich sehr verschieden ist und ganz unterschiedliche Bedürfnisse an einen gelungenen Urlaub stellt, schafften wir es eine harmonische Zeit mit einander zu verbringen und kombinierten meinen Tatendrang und Abenteuerlust, mit den Wunsch nach moderater sportlicher Betätigung meines Vaters mit den begründeten Ängsten vor der Höhe und schlechten Straßen meiner Mutter, die in der beruhigenden Umgebung der Klöster viel Kraft fand.
Wir trafen unglaublich freundliche Menschen, waren von der Einfachheit des Lebens hier überrascht, genossen köstliche Speisen und freuten uns eine glückliche Zeit auch ohne viel Strom und Internet verbringen zu können.
Spiti- wir kommen wieder! Wenn da doch nur nicht diese beschwerliche Anreise wäre… Aber die ist wahrscheinlich ganz gut so, würde dieser Juwel des Himalayas doch ansonsten allzu schnell vom Tourismus zerstört werden.