Zu Gast beim Indischen Grenzschutz

– Mein persönliches Mountainbike Trainingslager und Rückzugsretreat.

In Indien geschehen Dinge, die sonst eigentlich nicht einfach so geschehen und so kommt es, dass ich nun schon seit einer Woche zu Gast in einem Stützpunkt der SSB nahe der nepalesischen Grenze bin.

SSB ist der indische Grenzschutz und steht für Sashastra Seema Bal, was übersetzt „Bewaffnete Grenz Streitmacht“ bedeutet. Es ähnelt sehr der Armee, ist aber eine Abteilung für sich.

Uniformen, Morgenappell und Dienstgrade gibt es hier aber auch.

So, und was habe ich hier zu suchen?

Nun ja, es ist so, dass der Kommandant dieses Lagers auch ein Mountainbike Sportler ist. Erhat innerhalb der SSB sein eigenes Team aufgebaut hat. Ihn habe ich mehrfach auf diversen Mountainbike Rennen getroffen und wir haben uns angefreundet. So gut, dass er mich schon mehrfach nach Didihat, dem Stützpunkt unter seiner Leitung, eingeladen hat.

Didihat ist ein kleiner Ort von 6000 Einwohnern in Uttrakhand, nahe der Nepalesischen Grenze. Die Reise ist lang und umständlich. Von Delhi benötigt man mit Bus und Bahn mindestens zwei Tage.

So kommt, es, dass sich hierher kaum ein Tourist, geschweige denn ein Ausländer verirrt und ich mich bisher auch nicht, denn öffentliche Transportmittel in Indien und deren mehrfache Nutzung über Tage sind anstrengend.

Doch nun ergab sich, dass ich wegen des Ablaufs meines Visa nach Nepal ausreisen musste und so, gar nicht mehr allzu fern von Didihat entfernt war (nur noch 8 Autostunden). Außerdem würde Rajesh (der Kommandant) selbst nur noch wenige Tage hier sein, da er nach drei Jahren in Didihat, einen neuen Standort zugeteilt bekommen hat.

Also nutze ich die günstigen Umstände und meine letzte Chance und reise nach Didihat in das SSB Lager.

Hier wohne ich seit etwa einer Woche und ich muss sagen, dass es mir hier gut geht. Sehr gut sogar. Da ich als Gast des Kommandanten vor Ort bin, teile ich vieler seiner Privilegien: es wird für mich gekocht, ich darf meine Wäsche zum Waschen abgeben, beim Tennisspiel, stehen 5 Soldaten um uns herum, die die Bälle sammeln und auf meinen täglichen Fahrradtouren durch die beeindruckende Umgebung der Kumoun Berge, habe ich ein ganzes Begleit -Team um mich, das mich führt und auf mich aufpasst.

Ich kenne die Mountainbiker des SSB Teams gut von den Rennen in Indien und so macht es extra Spaß mit den Jungs und den zwei Mädels unterwegs zu sein . So verbessere ich nicht nur meine Fähigkeiten auf dem Mountainbike, sondern auch mein Hindi ☺.

Nach meiner morgendlichen Yoga Praxis und einem Frühstück im Garten, geht es mit dem Team raus auf die Trails. Wow, noch nie hatte ich so einen Fahrspaß auf dem Mountainbike: Unbefahrene Straßen, tolle Jeep-Pisten, unendlich viele Singletrails. Täglich unternehmen wir eine andere Tour. Abwechslung pur. Und dann ist da diese Landschaft: auf 1700 m gelegen, befindet sich Didihat in einer unberührten Hügellandschaft. Es ist grün, es ist wild, es ist so friedlich hier. Hier gibt es nur ein paar umliegende Dörfer, deren Dorfbewohner wir hin und wieder beim Gras sammeln, Ziegen hüten oder der Feldbewirtschaftung sehen. Ansonsten ist es hier einfach nur ruhig und völlig unberührt.

Gegen Mittag sind wir dann wieder zurück. Mittlerweile hat es sich hier so aufgeheizt, dass es gut tut, der Sonne zu entfliehen. Mittlerweile wird es auch schon wieder dunstig. Gegen Abend wird es wohl wieder ein kräftiges Gewitter geben, wie jeden Tag hier. Die Gegend soll eine der Regenreichsten in Indien überhaupt sein. Solange der Regen jedoch nur am Abend und nachts hinunter kommt, finde ich ihn aber sogar erfrischend. Doch der Regen verursacht auch einige Erdrutsche. Das Material hier ist deutlich instabiler als das in den Bergen um Manali herum. Das bekomme ich dann immer am nächsten Vormittag auf unseren Fahrradtouren zusehen.

Nun aber zum weiteren Tagesablauf (ich liebe es ja, wenn ich außerhalb meiner Touren etwas Routine habe).

Um 13 Uhr gibt es Mittagessen. Dann ist Rajesh auch wieder zurück von seiner morgendlichen Büroarbeit. Bis 15 Uhr hat er Pause. Wir tauschen uns über den Tag aus, Rajesh nimmt ein Nickerchen und ich mach mich an die Arbeit.

Zugegeben, das Internet ist hier schlecht. Sehr schlecht sogar und wann immer sich die Wolkenberge auftürmen (was in der Regel am Nachmittag passiert), ist der Empfang ganz weg.

Dennoch erlaubt mir die Ruhe hier (und da ich ja auch nichts anderes zu tun habe), das ich gut arbeiten kann und ich freue mich über den ständigen Fortschritt.

Um 17 Uhr ist Dienstschluss für die Offiziere und dann geht es wieder auf das Tennisfeld. Hier spielt Rajesh täglich mit dem Camp Doktor und zwei anderen Offizieren, drum herum sind erneut eine Handvoll Soldaten, die Bälle sammeln und die Funktion der Schiedsrichter einnehmen.

Auch ich spiele ab und zu, bin aber nicht sehr gut.

Heute ist der Übergeordnete von Rajesh zu Besuch und alles läuft etwas formeller ab als sonst. Gerade spielen die beiden Tennis und ich soll mich im Hintergrund halten. Nun gut, das mach ich ☺.

Nun hat auch gerade die Trompete zum Sonnenuntergang getrötet. Wachpostenwechsel und Ende des Tages. Ich rieche schon wie Rajesh`s persönlicher Koch wieder eine Leckerei zaubert und freue mich auf das Abendessen.

Gute Nacht und Grüße aus Didihat.

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