Zweitägiger Ausflug in den Sunderbans Nationalpark

Informationen zu den Sunderbans

Von Kalkutta sind es gerade einmal 100 km (also ca. drei Stunden 😉 ) bis zu den Ausläufern der Sunderbans – eine Region im südlichsten West Bengal und in Bangladesh, das auf einer Fläche von 10.000 km² den größten Mangrovenbestand der Welt beherbergt.

Der Name „Sunderbans“ lässt sich aus der Bengalischen Sprache ableiten und bedeutet so viel wie „ Schöner Wald“.

Es handelt sich um das weit verzweigte Flussdelta von sieben Flüssen, unter ihnen die beiden Hauptflüsse Ganges und Brahmaputra, die in den Golf von Bengalen münden.

Zwischen den Flussarmen und Kanälen gibt es unzählige kleinere und größere Inseln, von denen die 50 größeren bewohnt sind. Die Einheimischen leben vom Fischfang, Honigsammeln und dem Reisanbau.

Jede Familie besitzt ihren eigenen kleinen Teich, der sowohl der Fischzucht, als auch der täglichen Wäsche (Geschirr, Kleidung und Körper) dient.

Für Touristen ist neben dem traditionellen Leben der Einheimischen vor allem der Sunderbans Nationalpark interessant. Hier gibt es die größte Dichte an Tigern – 103 Exemplare soll es mittlerweile geben.

Der sogenannte Königstiger hat sich hier angewöhnt, das Salzwasser des Backwaters zu trinken, was bleibt ihm auch anderes übrig?! Das verschafft ihm nicht nur eine kürzere Lebenserwartung, sondern auch eine höhere Aggressivität – so sagt man! Im Durchschnitt fallen jährlich 50 bis 60 Menschen dem Tigern in den Sunderbans zum Opfer.

Neben dem Tiger sind hier auch riesige Salzwasserkrokodile, der Ganges-Delfin, Haifische, Wildschweine, Hirsche, sowie unzählige Vogel- und Fischsorten zuhause.

Etwas ganz besonderes ist der Nationalpark aber vor allem wegen seiner Mangroven. Mangroven sind Pflanzen, die sich an das Leben im Gezeitenbereich tropischer Küstenregionen angepasst haben und einen sehr großen Salztoleranzbereich haben. Allein in den Sunderbans gibt es 30 verschiedene Arten!

Unser Abenteuer in die Sunderbans beginnt: Eine erlebnisreiche Anreise von Kalkutta

Obwohl der Sunderbans Nationalpark nur 100 Kilometer von Kalkutta entfernt liegt, dauerte es dennoch seine Zeit, bis wir in unser kleines Eco-Dorf auf einer der rund 50 bewohnten Inseln der Sunderbans angekommen sind.

Zunächst ging es für drei Stunden mit dem Auto bis zur Grenze der Sunderbans nach Godkhali – genau dort, wo die Straße nämlich aufhört! Von dort nahmen wir eine kleine Fähre und überquerten den ersten Flussarm zum anderen Ufer auf die Insel Gosaba. Hier gibt es den größten Markt in der Gegend und täglich strömen hunderte von Dorfbewohnern mit den Fähren von ihren Inseln hierher um wichtige Einkäufe zu erledigen. Wir schreiten neugierig durch die geschäftige Marktatmosphäre und machen uns auf den nächsten Reiseschritt und zwar mit der Rikschah.

Aber nicht einfach nur so eine ganz normale indische Rikschah – oh nein. Hier auf den Inseln der Sunderbans haben die Menschen ganz besondere Gefährte. Fast könnte man sie mit Karren vergleichen, vor die jedoch kein Pferd, sondern ein altes Motorrad gespannt ist. Über holprige Wege ging es einmal für 8 km quer über die Insel bis zur nächsten Fähre. Diese brachte uns direkt zu unserem Eco-Dorf auf der Insel Satjelia.

Das Eco-Dorf

Kleine, traditionelle, einfache Häuschen dienen als Unterkünfte, Hängematten laden auf den Dachterrassen zum Relaxen ein, es gibt einen kleinen Essbereich im Freien und insgesamt passt die gesamte Anlage des kleinen Eco-Dorfes perfekt in die Kulisse der Sunderbans.

Es gibt Gemüsebeete, eine Küche, in der die einheimischen Frauen auf offenem Feuer köstliche, traditionelle Mahlzeiten kochen, sowie eine kleine Bühne, auf der die Männer aus dem Dorf jeden Abend eine kleine musikalische Darbietung geben.

Der erste Tag

Insgesamt werden hier die einheimischen Bewohner aus den umliegenden Dörfern vollständig in den Betrieb des Eco-Dorfes für Touristen einbezogen und ein wunderbarer Austausch zwischen den ausländischen Touristen und ihren einheimischen Gastgebern findet statt.

Als wir pünktlich zum Mittagessen ankamen, waren wir erst einmal ziemlich hungrig! Das traf sich gut, denn gleich nach unserer Ankunft, wurden riesige Schüsseln mit den verschiedensten Gerichten aufgetragen. Neben drei verschiedenen Gemüsegerichten, gab es Chutney, frischen Fisch, aufgeschnittenes frisches Gemüse, sowie Reis und Chapati. Yummy! Besonders die  indische Karela, ein typisches indisches Gemüse, das äußerlich an eine verkrüppelte Gurke erinnert und einen interessanten bitteren Geschmack hat, hatte es mir angetan.

Nach einer wohlverdienten Ruhezeit in den Hängematten zogen wir in Form eines kleinen geführten Spaziergangs über die Insel und wir hatten die Gelegenheit, einen kleinen Einblick in das traditionelle Dorfleben zu bekommen, sowie die Mangrovenbäume von Nahem zu betrachten.

Jährlich wird durch die Strömungen, sowie die Gezeiten ständig Land abgetragen und weggeschwemmt – wohl der natürliche Lauf der Dinge, doch für die Inselbewohner stellt der Verlust ihrer Wohn- und Abbaufläche ein echtes Problem dar.

Durch Dämme versuchen sie sich nicht nur vor Überflutungen, sondern auch vor der Abtragung zu schützen – mit wenig Erfolg.

Pünktlich eine Stunde vor Sonnenuntergang steigen wir dann auf ein kleines Boot um und genießen die Abendstimmung auf dem Wasser. Wir beobachten seltene Vögel, wie den Eisvogel, dem Sumpffrankolin und die Uferschnepfe. Auch Komorane, Seeadler und Graureiher zeigten sich.

Als besonders spannend empfand ich die Sichtung eines ca. 1 ½ Meter langen Warans – einer der größten heute noch lebenden Echsen!

Während der rote Sonnenball den Tag ausklingen ließ, schipperten wir wieder langsam Richtung Ufer.

Zurück im Dorf erwartete uns auch schon der nächste Programmpunkt: Zwei Dorfbewohner holten ihre Instrumente und veranstalteten ein informales Konzert. Sie trugen uns ihre einheimischen Lieder und Balladen vor und es dauerte nicht lange, bis einige von uns selbst zu den traditionellen Instrumenten griffen und laienhaft mit einstimmten, die anderen klatschten im Rhythmus mit oder fingen zu tanzen an.

Es wurde ein schöner unkomplizierter Abend, der mit einem gemeinsamen, leckeren Abendessen seinen Abschluss fand!

Tag 2: Mit dem Boot auf Safari durch die Sunderbans

Früh um 6 Uhr ging es mit dem Hausboot „Elmsar“ hinein in den Nationalpark. Auf den Weg sammelten wir nicht nur unsere Köchin und unseren Guide für den heutigen Tag ein, sondern besorgten auch die Genehmigungen für den Einlass in den Park.

Unsere Gruppe war sehr gespannt, was uns der Tag im Naturparadies zwischen Mangroven und Tigern so bringen würde. Ganz still saßen wir auf unseren Plätzen und versuchten rechts und links in den Mangrovenwäldern durch den dicken morgendlichen Nebel wilde Tiere zu erspähen.

Unterdessen versorgten uns unser Guide mit Informationen zum Park und unsere Köchin mit einem herzhaften Frühstück und Tee.

Der Nationalpark ist seit 1987 anerkanntes UNESCO Weltnaturerbe. In der Kernzone ist keine menschliche Beeinflussung erlaubt, während in der Pufferzone die Einheimischen Genehmigungen beantragen können um zu fischen, Holz und Honig zu sammeln.

Hier ist es auch, wo die meisten Tigerangriffe auf die Einheimischen passieren.

Als ich den Guide fragte, wie und ob sich die Einheimischen denn vor den Tigerangriffen schützen würden, meinte dieser nur wie ganz selbstverständlich, dass der Hauptschutz die Göttin Bonbibi sei. Als ich etwas unglaublich schaute, erklärte er weiter, dass alle Einheimischen inbrünstig zu der Göttin beten würden.

Außerdem hätte die Regierung Masken ausgeteilt, die sich die Menschen an ihren Hinterköpfen anschnallten, um die Tiger zu verwirren, denn diese würden meistens von hinten angreifen. Doch diese Maßnahme hätte nicht lange geholfen, so meinte er weiter, die Tiger hätten den Trick schnell durchschaut. Auch menschliche Attrappen aus Holz, würden nicht viel helfen, ebenso der aus Metall angefertigte Nackenschutz. Einzig aufgespannte Netze vor den bewohnten Inseln lieferten etwas Schutz – und eben Bonbibi.

Plötzlich hielt der Guide in seiner Erzählung inne. Unser Bootsmann wurde auf einmal ganz aufgeregt und zeigte mit dem Finger hektisch nach vorn. Wir sprangen alle auf und schauten in die ausgewiesene Richtung, konnten aber nichts erkennen. Nun riefen alle „Tiger, Tiger“ und das Boot legte einen Zahn zu. Doch als wir endlich die Stelle erreichten, war der Tiger längst in den Büschen der Mangroven verschwunden und hatte nur einen Tatzenabdruck im weichen Schlamm hinterlassen.

Pech gehabt! Aber immerhin, wir sind ganz nah dran gewesen.

Der Bengalische Tiger, nach dem sibirischen Tiger der zweitgrößte übrigens, ist ein exzellenter Schwimmer und die größten Chancen ihn vom Boot aus zu sichtigen hat man, wenn er gerade von einer zur anderen Seite schwimmt.

Nun ja. Jetzt waren wir natürlich wieder hellwach und versuchten im mittlerweile klaren Tageslicht nun endlich wilde Tiere zu erspähen. Wir machten Stopp an einem Aussichtsturm und hier hatten wir zum ersten Mal etwas Glück. An dem künstlich angelegtem Frischwassersee konnten wir einen Hirsch, sowie ein Wildschwein beobachten. Nun gut, nichts was wir nicht auch aus Deutschland kennen würden, aber ein kleiner Anfang.

Später auf dem Boot nahmen wir unser Mittagessen ein. Erstaunlich was unsere Köchin in der kleinen Bootsküche so zustande brachte!

Und dann endlich begann unser Glück. Zunächst sahen wir die vom Aussterben bedrohten Ganges-Delfine, wenig später erspähten wir ein etwa drei Meter langes Krokodil, das sich in der Sonne sonnte. Was für ein faszinierendes Geschöpf. Als es auf uns aufmerksam wurde, glitt es, trotz seiner Masse, geschmeidig in das Wasser. Auf einmal wurde uns bewusst, was wohl so alles unter uns wimmelte!

Rückfahrt

Am späten Nachmittag endete unsere Safari mit dem Boot. Wir waren zufrieden mit dem Tag. Es war ein schöner Tag in der Natur mit einigen interessanten Sichtungen.

Zurück ging es genauso, wie wir gekommen waren: Mit Fähre, Rikschah und Auto bis wir spät am Abend wieder Kalkutta erreichten!

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